Pfingsten und der Heilige Geist

von Alexandra Klinghammer

 

Eigentlich müsste der Titel des Newsletters lauten: Pfingsten und die Heilige Geistin. Denn das, was zu Pfingsten über die Jünger kam - der Heilige Geist - wurde in früheren Kulturen stets als eine weibliche Kraft bezeichnet. Als die weibliche Seite Gottes. Sogar noch in der hebräischen Bibel ist der Geist, "Ruach", weiblich. Im Hinduismus entspricht diesem Geist oder eben der Geistin die Göttin Shakti, die weibliche Urkraft des Universums. Alles, was in die Welt der Erscheinung tritt, sich also in der Schöpfung manifestiert, geht aus Shakti hervor und wird durch sie lebendig erhalten. Im Menschen manifestiert sich Shakti als Kundalini.

Doch unabhängig davon, ob man diese Kraft nun als weiblich oder als männlich betrachtet - was passierte da eigentlich genau 49 Tage (7x7!) nach Ostern, als die Jünger zusammensassen und plötzlich von einem brausenden Kraftstrom erfüllt wurden? Die Apostelgeschichte berichtet: Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel, wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie sassen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer; und er setzte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an, zu predigen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen.

Dieses Ereignis mutet auf den ersten Blick eigenartig und geheimnisvoll an. Ich weiss nicht, wie es Ihnen geht, aber mir sagte das Pfingstgeschehen lange Zeit nicht wirklich etwas. Dennoch rührte mich das Fest schon immer auf gewisse Weise an. Seine Bedeutung wurde mir aber erst klarer, als ich mich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen eingehender mit dem Kundalini-Phänomen beschäftigte und erkannte, dass es zwischen diesem und dem Pfingstgeschehen auffallende Ähnlichkeiten gibt.
  

Das Ausgiessen des Heiligen Geistes und das Erwachen der Kundalini

Im Menschen ruht die Kundalini zusammengerollt an der Basis der Wirbelsäule, dem Sitz des untersten Chakras, dem  Muladhara, und erhält von dort alle Funktionen des grob- wie feinstofflichen Körpers aufrecht. Wird die Kundalini entfacht, was durch besondere Yoga-Übungen, intensive Meditationspraxis, aber auch spontan passieren kann, entrollt sie sich und steigt durch die Energiezentren entlang der Wirbelsäule auf. Dabei ist ihr Ziel Sahasrara, das oberste Chakra über dem Scheitel des Kopfes. Dieses 7. Chakra, auch Kronenchakra genannt, steht in direkter Verbindung mit unserer göttlichen Natur. Erreicht die Kundalini dieses Ziel, erfährt der Mensch höchste Glückseligkeit und ein Gefühl des Einsseins. Es ist der Moment, in dem er mit dem universellen Bewusstsein verschmilzt. Dies gilt in Indien seit jeher als höchste Erfahrung.

Neben Erfahrungen tiefen Glücks und Momenten inneren Friedens ist der Aufstieg der Kundalini häufig mit bestimmten physischen Begleiterscheinungen verbunden, wie beispielsweise dem Auftreten besonderer Licht- und Klangphänomenen oder Hitzeempfindungen. (Die Kundalini wird manchmal auch als mystisches Feuer bezeichnet.) Also ganz ähnlichen Phänomenen, die im Pfingstgeschehen geschildert werden: Das auftauchende Brausen und das Wirken einer Kraft ähnlich wie Feuer. Und genauso, wie die Jünger durch das Einströmen des Heiligen Geistes auf einmal fähig waren in fremden Sprachen zu sprechen und diese auch zu verstehen, kommt es bei einer erwachten Kundalini immer wieder zur Ausbildung besonderer geistiger Fähigkeiten oder bemerkenswerter schöpferischer Talente.  
 

Erlebte Gotteserfahrung

Doch diese Phänomene sind letztlich nur Begleiterscheinungen eines viel fundamentaleren Geschehens: Dem Erwachen Gottes im eigenen Körper, in der eigenen Seele, im eigenen Geist. Das Pfingstfest erinnert uns alle Jahre wieder an dieses grosse transformatorische Ereignis, das sich in uns allen vollziehen will. Es ist der Moment, in dem der Mensch seinen Weg zurück nach Hause antritt, wo für ihn seine wahre, göttliche Natur fühlbar und erlebbar wird. Denn er kann Gottes Präsens ganz unmittelbar spüren. Gott ist nicht irgendwo weit da draussen, fern von ihm, sondern erfahrbar als intelligente, lebendige, schöpferische, heilende Kraft direkt in ihm selbst. Dieses unmittelbare Erleben geht über den reinen Glauben weit hinaus. Denn es ist erlebte Gotteserfahrung.

Kundalini oder der Heilige Geist ist die transformierende Kraft, deren Ziel es ist, uns aus der Zersplitterung zur Ganzheit auf allen Ebenen zu führen. In Wahrheit waren wir nie von der göttlichen Quelle getrennt. Nur haben wir dies vergessen. So müssen wir auch nicht warten bis sich in uns eine Kundalini-Erfahrung ereignet, um Gott in uns lebendig wahrzunehmen. Die Worte Paramahansa Yoganandas erinnern uns daran, dass wir alle imstande sind, die Allgegenwart Gottes in eigenen Innern wahrzunehmen, wenn wir unseren Blick nach innen richten:

"SELBST-Verwirklichung ist das Wissen auf allen Ebenen unseres Seins - des Körpers, des Geistes und der Seele -, dass wir eins mit der Allgegenwart Gottes sind, dass wir nicht um sie zu bitten brauchen, dass wir ihr nicht nur allzeit nahe sind, sondern dass sie zugleich unsere Allgegenwart ist und dass wir jetzt ebenso ein Teil Gottes sind, wie wir es immer sein werden. ... Richtet eure Aufmerksamkeit nach innen. Ihr werdet einen neuen Einfluss, eine neue Kraft, einen neuen Frieden fühlen - und zwar in Körper, Geist und Seele. ... Wenn ihr mit Gott in Verbindung steht, seid ihr kein sterbliches Wesen mehr, sondern ein göttliches. Dann fallen alle Fesseln, die euch behindern, von euch ab."

Für mich ist die einfachste und direkteste Art die Anwesenheit Gottes in mir zu spüren, der Atem. Wenn ich morgens erwache, stehe ich nicht sofort auf, sondern verbinde mich zunächst mit dem ein- und ausströmenden Atem. Ich stelle mir dann vor, dass nicht ich atme, sondern Gott mich atmet. Was im Grunde genommen ja auch der Fall ist. Wenn man diese Meditation eine Zeitlang praktiziert, kann man tatsächlich ab einem gewissen Moment die Präsenz Gottes ganz fein in sich spüren, was ein tiefes Gefühl des Friedens und der Verbundenheit erzeugt. Auf diese Weise erlebt man jeden Tag sein eigenes kleines Pfingstwunder.
 

Ich wünsche Ihnen ein wundervolles Pfingstfest

Ihre
Alexandra Klinghammer

 

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